Nachdem USA Network die Mr-Robot-Fans eine weitere Woche auf die Folter gespannt hat, konnte ich das Staffelfinale nun endlich sehen – und die Serie bleibt sich treu: Natürlich passiert, was passieren muss, aber gleichzeitig kommt alles irgendwie anders als erwartet. In eps1.9_zer0-day.avi begegnen wir am Anfang einem alten Bekannten wieder – eben jenem Fremdgänger, der durch Elliots Intervention in der ersten Folge nicht nur seine Affäre Krista und seinen Hund Flipper, sondern wie wir jetzt erfahren, auch Frau und Kind verloren hat.
Hier greifen die Serien-Macher den Ashley-Madison-Hack auf, der auch explizit genannt wird. Michael oder Lenny, wie er wirklich heißt, ist einer der betroffenen Nutzer des Dating-Portals, dessen Daten geleakt wurden. Seine Frau hat daraufhin die Scheidung eingereicht hat. Lenny will sich aber nicht kampflos ergeben – er war bereits bei der Polizei und hat dort alles, was er über den Hacker Elliot Alderson weiß, zu Protokoll gegeben. Die Cyber-Einheit habe nach wochenlanger Recherche etwas gefunden, wenn auch nicht sehr viel, weil Elliot eben sehr gut in dem ist, was er da tut. Aber er war mit dem Hund beim Tierarzt – und Flippers Chip ist registriert. Hat der sonst so schlaue und vorsichtige Elliot hier tatsächlich einen Fehler gemacht?
Jedenfalls bittet Lenny Krista, ihm dabei zu helfen, Elliot ranzukriegen. Elliot sei doch bei ihr in der Praxis gewesen und müsse irgendwas erzählt haben. Wir wissen, dass Elliot Krista sehr viel mehr erzählt hat, als sie überhaupt hören wollte – aber gegenüber ihrem untreuen Ex-Lover gibt sie nichts preis: Elliot habe ihr gar nichts über seine Hacks verraten. Und Lenny solle sie nie, nie wieder anrufen.
Elliot selbst wacht sichtlich angeschlagen zwei Tage nach Tag Null in dem schwarzen Van von Tyrell Wellick auf. Er kann sich an nichts erinnern und Tyrell Wellick ist verschwunden. Die Nachrichten werden von einem Thema beherrscht: Den Angriff von fsociety auf das Finanzsystem und die daraus resultierenden Krisen – es gibt die bekannten Bilder von Demonstrationen in Griechenland, Spanien und so weiter, dazu aber auch eine Menge Menschen, die mit Plakaten und fsociety-Masken auf den New Yorker Straßen demonstrieren. Die Kreditkartensysteme funktionieren nicht mehr, bezahlt werden kann nur noch mit Bargeld und ein Evil-Corp-Manager erschießt sich vor laufender Kamera während eines Interviews.
Das war eben jene Szene, die man nach dem Attentat auf die Journalisten in der vergangenen Woche nicht hatte zeigen wollen. Der Mann wurde durch die Interviewerin aufgefordert, den Menschen doch bitte die Wahrheit zu sagen – und er denkt kurz nach und sagt dann, ja, die Leute müssten sich ernsthaft Sorgen machen, er habe mit seinem Team das ganze Wochenende versucht, irgendetwas zu tun, um den Schaden durch den Angriff von fsociety in den Griff zu bekommen – aber da sei nichts zu reparieren. Alle fünf Datenzentren in den USA und das Backup-Zentrum in China seien zerstört worden und seine Zukunft sowieso: Es wurden nicht nur alle Schulden, sondern auch alle Guthaben gelöscht.
Das Pikanteste an der Sache ist aber, dass Angela offenbar auf Terry Colby gehört und den lukrativen Job bei Evil Corp angetreten hat – sie ist die neue Assistentin von eben jenem Mann, der sich vor ihren Augen erschossen hat. Evil Corp CEO Phillip Price gibt Angela Geld für neue Schuhe – denn ihre alten sind blutbespritzt. Auch für Allsafe sieht es düster aus – die Finanzchefin erklärt Gideon, dass Allsafe kaum noch Umsätze macht und die laufenden Kosten längst nicht mehr bestreiten kann, und er den Leuten besser sagen solle, dass sie sich neue Jobs suchen müssen. Eine gute Sache wäre da aber doch: Er hätte keine auch Schulden mehr.
Währenddessen räumen Darlene, Trenton, Mobley und Romero auf, um ihre Spuren zu verwischen – sie sind sauer auf Elliot, weil er den großen Augenblick nicht mit ihnen geteilt hat und seit Tagen spurlos verschwunden ist. Immerhin: Der Hack war erfolgreich, ihre Arbeit hat sich also gelohnt. Zum Abschied laden sie zur Weltuntergangsparty in die Arcade ein – durch die vielen Menschen werden ihre Spuren kaum noch zu finden sein. Als Elliot schließlich doch auftaucht, wird seine Verwirrung noch viel größer – er kann sich einfach nicht daran erinnern, was er getan haben soll. Denn eigentlich wollte er das doch gar nicht. „I told you we shouldn’t have done this!“ sagt er zu Darlene, bevor er wieder verschwindet.
Er will Mr. Robot finden: Der muss doch wissen, was passiert ist. Aber wie kommt er an ihn ran? Es bleibt beim Katz-und-Maus-Spiel mit Mr. Robot – oder eben von Elliot mit Elliot: Er ist nun mal verrückt. Nur ein Verrückter will die Welt retten. Die ohnehin unrettbar ist: „We live in a kingdom of bullshit“, erklärt Mr. Robot, der sich schließlich doch herbeizwingen lässt, als Elliot drauf und dran ist, sich der Polizei zu stellen, was er im letzten Moment verhindern muss. „A kingdom you’ve lived in for far too long.“ Und deshalb solle Elliot ihm jetzt nicht erzählen, dass er nicht real sei.
Elliots ganze Familie ist plötzlich da, Vater, Mutter und Klein-Elliot. Als Elliot sie anbrüllt, dass sie verschwinden sollen, denken sie gar nicht daran: Sie seien doch seinetwegen da, weil er in seinen ganzen einsamen, traurigen Nächten geweint und darum gebeten habe, dass sie ihm helfen mögen. Er könne sie nicht verlassen, und sie könnten ihn nicht verlassen, sie seien immer da, ganz tief in ihm drin. Elliot solle jetzt einfach nach Hause gehen, sich an seinen Computer setzen und sich an dem wunderschönen Gemetzel erfreuen, das sie alle zusammen angerichtet hätten.
Und wer dann beim Abspann nicht die Nerven verliert, wird noch mit einer schönen Bonusszene erfreut, in der Phillip Price in seinem noblen Anwesen auf Whiterose trifft, die sich allerdings als chinesischer Businessman verkleidet hat.
Danach kann man sich fühlen, wie Elliot aussieht, als er mit der U-Bahn nach Hause fährt: Jetzt wird es fast ein Jahr dauern, bis es wieder neue Mr-Robot-Folgen gibt.
Alles in allem bin ich mit der Staffel sehr zufrieden – es ist natürlich auch ein geschickter Zug den Autoren, sich im Finale nach dem großen Hack auf Elliots Psychoprobleme zu konzentrieren, anstatt sich an den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen abzuarbeiten, die durch einen dermaßen radikalen Eingriff in die Wirtschafts- und Finanzstruktur zwangsläufig in Gang gesetzt werden – und im wahren Leben frustrierenderweise eben nicht in eine Revolution münden würden, als deren Ergebnis eine wirklich bessere Gesellschaft entstünde, in der die Leute nicht mehr gezwungen werden, ihre Zeit mit einem blöden Geldjob totzuschlagen, statt sich wichtigeren und schöneren Dingen des Lebens zu widmen.
Anderseits wäre aber das genau doch noch viel interessanter: Was passiert denn nun mit einer Gesellschaft, die durch ein paar fsociety-Hacker in eine existenzielle Krise gestürzt wird? Da hätte ich in den kommenden Staffeln dann doch gerne ein paar Antworten, die nicht erschöpfend sein müssen, aber doch wenigstens etwas darüber verraten sollten, wie genau sich fsociety und ihre Schöpfer eine bessere Gesellschaft überhaupt vorstellen.