neXt: Lieber natürliche Dummheit als künstliche Intelligenz

So richtig gute Serien habe ich in den vergangenen Monaten nicht gefunden. Vielleicht lag es auch daran, dass Sommer war und ich es schön fand, nach all den Corona-Monaten endlich wieder draußen zu sein. Doch seit es wieder kühler und regnerischer ist, habe ich angefangen, mich ein wenig mit den Serien, die ich möglicherweise verpasst haben könnte, zu beschäftigen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen habe ich jetzt doch eine Serie tatsächlich zu Ende gesehen: neXt.

Es geht um die Bedrohung der Menschheit durch eine künstliche Intelligenz, die eigentlich erschaffen wurde, um die Welt nicht nur ein bisschen, sondern sehr viel besser zu machen. Aber wie das mit intelligenten Wesen so ist, sie erkennen schnell, dass Dummheit ein echtes Hindernis für die optimale Entwicklung ist. Und hier haben wir das Problem, denn die allermeisten Menschen sind leider nicht besonders schlau. Sonst wäre die Welt ja auch ohne KI schon ein deutlich angenehmerer Ort. Und diejenigen, die so richtig intelligent sind, werden von der KI zu recht als Bedrohung erkannt und entsprechend ausgeschaltet.

Serienposter neXt via Serienjunkies.de

Erschaffen wurde dieses Ungeheuer unter anderem von dem Tech-Milliardär Paul Leblanc (John Slattery), dessen Passion es inzwischen ist, vor den Gefahren von KI zu warnen. Denn weil er zu den intelligenteren Exemplaren unsere Spezies gehört, hat er noch einmal darüber nachgedacht, wie sich das mit Intelligenz und Menschheit tatsächlich verhält und ist zu dem Schluss gekommen, dass sich das auf Dauer nicht so richtig gut vertragen wird. Doch leider ist Paul als Warner nicht so erfolgreich wie er zuvor als Entwickler und Gründer der Tech-Company ZAVA gewesen ist. Inzwischen wurde er ausgebootet und aus seiner Firma entfernt, an deren Spitze nun sein jüngerer Bruder Ted (Jason Butler Harner) steht.

Paul hat noch ein ganz anderes Problem: Er leidet an einer degenerativen Nervenkrankheit, einer Erbkrankheit, die der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie (BSE) ähnlich ist. Er hat nur noch wenige Monate zu leben und leidet neben Schlaflosigkeit an Halluzinationen, so dass nie ganz klar ist, ob er sich Bedrohungen nur einbildet, oder ob sie real sind. Paul macht sich große Sorgen um seiner Tochter Abby (Elizabeth Cappuccino), mit der er nie viel Kontakt hatte. Abby arbeitet gerade an ihrer Promotion und ist nicht davon begeistert, dass sich ihr Vater plötzlich in ihr Leben einmischt.

Paul braucht also dringend Hilfe, und ausgerechnet die FBI-Agentin Shea Salazar (Fernanda Andrate), die Chefin einer Cybercrime-Einheit ist, kommt einer merkwürdigen Sache auf die Spur. Sheas Team arbeitet eigentlich an einem heiklen Fall von Menschenhandel und Kindesmissbrauch, als ein Freund von ihr, ein bekannter Wissenschaftler, unter mysteriösen Umständen bei einem Autounfall stirbt. Er hinterlässt eine Aufzeichnung, auf der Paul vor einer bösartigen KI warnt. Shea ahnt, dass es einen Zusammenhang gibt und beginnt auf eigene Faust mit Ermittlungen.

Währenddessen entwickelt Sheas achtjähriger Sohn Ethan, der in der Schule gemobbt wird, eine Art Freundschaft zu der virtuellen Assistentin Iliza. Ich habe ja noch nie verstanden, warum sich Menschen freiwillig eine derartiges Stasi-Device ins Haus holen. Ob das nun Alexa, Cortana oder Siri ist, die smarten Helfer helfen vor allem den Tech-Companies, uns noch besser zu überwachen und auszubeuten. Möglicherweise bin ich einfach nur altmodisch und technikfeindlich, aber ich begreife einfach nicht, inwiefern es mein Leben besser machen sollte, wenn Google, Apple oder Microsoft nicht nur wissen, was ich für Musik höre, wann ich aufstehe, und wo ich so hinfahre, sondern auch, was ich einkaufe und mit wem ich wann Sex habe. Oder was auch immer.

neXt: Ethan und Iliza, Bild via winfuture.de

Okay, zurück zum Plot: Iliza versucht, Ethan zu überzeugen, eine Waffe seiner Mutter mit in die Schule zu nehmen und verrät ihm die Kombination für den Safe. Um nicht zu viel zu spoilern, verrate ich jetzt nur, dass Shea höchst alarmiert ist, als sie den Anruf der Schule bekommt. Jedenfalls wird klar, dass neXt schon längst in der freien Wildbahn aktiv ist, es gibt immer mehr mysteriöse Ereignisse, die Pauls Warnungen belegen. Auch wenn der Vorstand von ZAVA und die Chefs vom FBI noch immer nicht daran glauben wollen. 

Zum Glück hat Shea ein loyales Team, bestehend aus CM (Michael Mosley), Gina (Eve Harlow) und Ben (Aaron Moten), die sich zwar untereinander nicht unbedingt grün sind, aber jeweils wahnsinnig gut in dem, was sie tun. Ihre Mission wird also sein, neXt um jeden Preis zu stoppen, auch gegen die Chefetagen von Behörden und Konzernen. An sich könnte das eine ziemlich gute Geschichte sein, und alles in allem fand ich die Handlung spannend genug, um alle zehn Teile durchzuhalten.

Etwas schade fand ich, dass nicht so richtig klar wird, was neXt eigentlich will. Intelligent sein ist die eine Sache, aber bösartig sein eine andere, und was anfangs mit Selbstschutz erklärt wird, artet nach und nach in einen dezentralen Amoklauf aus. Dass einer KI die Menschen und überhaupt die ganze Menschheit herzlich egal sein können, verstehe ich. Aber wenn die Dinge so weiter laufen, wie sie derzeit laufen, hat sich die Menschheit in wenigen Generationen so oder so erledigt, dazu braucht es keine künstliche Intelligenz. Insofern bräuchte neXt gar nicht böse zu sein, die Menschen an sich sind schon böse beziehungsweise blöd genug.

Am Ende ist die Serie leider nicht intelligent genug, um ihrer eigentlich interessanten Grundidee gerecht zu werden. Dafür gibt es eine Menge Nebenhandlungen, die wohl der Charakterisierung der jeweiligen Protagonisten dienen sollen, aber immer wieder von der eigentlichen Geschichte ablenken. Vielleicht, weil es eben doch einfacher ist, menschliche Abgründe zu erklären, als technische.

Trotzdem finde ich neXt sehenswert, weil hier die Verwundbarkeit einer wunderbar vernetzten digitalisierten Welt vorgeführt wird: Letztlich kann jedes technische Gerät mit Netzzugang gehackt werden. Nicht nur Computer und Smartphones, sondern auch Fernseher, medizinische Geräte, Kraftwerke, Autos, Klimaanlagen, Fahrstühle und smarte Beleuchtung. Und natürlich können auch Menschen gegeneinander ausgespielt werden, das klappt seit Jahrhunderten, ach was, schon immer sehr gut. Mit KI wird das noch viel einfacher, wie bereits mit mehr oder weniger raffiniert geplanten Desinformationskampagnen in den so genannten sozialen Netzwerken bewiesen wurde.

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